Mit Wolfgang Baumgärtner im Gemeindesaal Versmold (Juli 2024)

Zweite Petri-Musik mit Improvisationen, Witz und Informationen

Dr. Wolfgang Baumgärtner und Jörg Fleer präsentierten „Vertrautes und Fremdes“

Dr. Wolfgang Baumgärtner spielte auf den unterschiedlichsten Instrumenten. Foto: Dagmar Wenker

Zwei Musiker, die sich blind verstehen: Jörg Fleer (l.) und Dr. Wolfgang Baumgärtner. Foto: Dagmar Wenker

Mit einem flotten Lied auf den Lippen bzw. der Blockflöte kam er vom Eingang aus am Publikum vorbei auf die Bühne des Gemeindesaales in Versmold, die für das zweite Konzert der Reihe „Petri-Musik“ zur Kleinkunstbühne wurde – nicht ohne die Zuhörer zum Mitklatschen zu animieren: Dr. Wolfgang Baumgärtner, von Haus aus Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie. Aber eben auch Musiker, Songschreiber, Sänger und Moderator. Wer das Multitalent aus Melle schon zu anderer Gelegenheit gesehen hat, weiß auch um seine Zauberkünste.

Mit dem „Ostertanz“, einer Klezmermusik aus der Feder des Mellers, begann ein unterhaltsames Konzert unter dem Thema „Vertrautes und Fremdes“. An seiner Seite hatte der auf einer Blockflöte, Trompete und einer Melodica (einer Harmonika mit Mundblasstück) spielende und singende Baumgärtner den Jazz-Gitarristen Jörg Fleer. Unglaublich, was der Bielefelder aus seiner E-Gitarre, einer Stratocaster, für Töne zauberte. Die Beiden musizieren bereits seit 25 Jahren gemeinsam. „Jazz-Musik ist Improvisation“, erklärte der Meller. Das Duo war so aufeinander eingespielt, dass man davon nichts merkte. Die Chemie zwischen den Beiden stimmte, ein kongeniales Paar.

Immer wieder wurde das Publikum zum Mitsingen aufgefordert, was eine vertraute Atmosphäre schaffte. Bei Stücken wie „Jetzt tönen die Lieder“, „Hey ho, vertrau‘ auf deine Kraft“ und „Froh zu sein bedarf es wenig“ klappte die Zusammenarbeit hervorragend, ja sogar im Kanon hörte sich der Gesang nahezu perfekt an. Nur bei „Die Gedanken sind frei“ gab es eine Schwierigkeit: das Duo spielte diesen Walzer im Tangostil – eben ganz dem Thema „Vertrautes und Fremdes“ entsprechend. Das war dann doch zu fremd für viele Ohren, fand aber Gefallen, wie man dem Applaus entnehmen konnte.

Zwischen den zwölf Songs – die zwischen den Genre Klezmer („Didis Traum“), Volksliedern aus verschiedenen Ländern („Misirlou“), Jazz (unter anderem ein geistliches Lied, dessen Text im Gesangbuch unter der Nummer 499 zu finden ist und zum Blues umgewandelt wurde) und Eigenkompositionen („Flamencolor“) wechselten – gab der Doktor Interessantes aus der Medizin zum Besten. Die stets mit dem Bezug auf Musik bezogenen Informationen untermalte er oft mit einem kurzen Witz.  Besonders die Aussagen „Sie sind alle musikalisch“ sowie „Singen stört depressive Gedanken“ hatten einige zum Nachdenken angeregt, wie man in der Pause vernehmen konnte, in der Baumgärtner für Fragen und Antworten zur Verfügung stand.

Ein rundum vielseitiges Konzert, das mit zwei Zugaben die Gäste in den Sonntagabend entließ.

Rezension zum Jazperanto-Konzert in Marienfeld (November 2021)

„Weltmusik mit dem Spirit der Volksmusik. Das Trio Jazperanto bewegt sich spielerisch leicht zwischen den Musikstilen. Der Mond über Marienfeld ist frei nach Matthias Claudius am Sontagabend in seiner jazzigen Variante aufgegangen. Wolfgang Baumgärtner, musikalischer Kopf des Trios Jazperanto, hat dem sanften Volkslied zusammen mit dem Gitarristen Jörg Fleer und dem Bassisten Matthias Kosmahl eine ganz neue Note verpasst. Weltmusik im besten Sinn des Wortes präsentiert das Trio in wundervollen Farbgebungen. Wahlweise mit Blockflöte, Trompete oder dem von der eigenen Puste angetriebenen Kleinkeyboard haucht Wolfgang Baumgärtner seinen Eigenkompositionen Leben ein… Mit Fleer und Kosmahl hat er zwei exzellente Begleiter an seiner Seite. Mal mischt sich der Jazzgitarrist mit überbordender Dynamik ein, dann wieder hat der Bassist grummelnd das Wort. Und immer wieder bauen sie Volkslieder als Ton gewordene Echos aus alten Zeiten ein, als die Menschen einst bei Arbeit oder Essen singend gemeinsam kommunizierten, wie Baumgärtner erklärt… Bei Escuela summt das Publikum vernehmlich mit und verstärkt dieses Verschmelzen mit der Musik auf der Bühne noch… „Wir haben mit Euch eine weitere Hausband in der Reihe Christuskirche creativ“, adelt Ludger Ströker die mit warmen Applaus verabschiedeten Musiker. Ein baldiges Wiedersehen mit neuem Programm ist nach dieser Auszeichnung fast schon Pflicht.“

(hn/Neue Westfälische/11-2021)

 

 

 

CD-Rezension zu „I know it when I hear it“ in Rocktimes (August 2020)

"Erst vor drei Jahren hatte der Bielefelder Gitarrist Jörg Fleer ein Solo-Album veröffentlicht, das war Mi Amigo Tranquilo. War jenes mit akustischer Gitarre eingespielt worden, so sieht es bei "I Know When I Hear It" anders aus. Denn nun dominiert die elektrische Gitarre. Und warum wieder solo? Dazu äußert sich der Protagonist wie folgt: »Die Gitarre sollte wie beim Vorgängeralbum ganz nah am Ohr sein, deswegen habe ich bewusst auf andere Instrumente verzichtet…«
Die siebzehn neuen Kompositionen sind in den letzten vier Jahren entstanden. Bereits nach zwei Stücken spüre ich diese entspannte und entspannende Atmosphäre. Vornehmlich sollte man die Musik stilistisch dem Jazz zuordnen. Und so werden auch stets Assoziationen wach zu Kollegen wie John Abercrombie, John McLaughlin, Al Di Meola, Bill Connors oder Pat Metheny. Etwas aus der Reihe tanzt zunächst "The Past In Us", wenig elektrisch klingend, und wie eine Skizze zu spontanen Gedanken wirkend, vielleicht an die eigene Vergangenheit?
Und so kann man durchaus versuchen, die eigentlich aussagekräftigen Songtitel anhand der Musik zu deuten. "At The End Of August", ja, da kann man eine sogenannte saisonale Endstimmung mit ein wenig Wehmut über den gehenden Sommer spüren. "Sun In My Mouth", da strömen die Sonnenstrahlen mit rhythmischer gitarristischer Fingerfertigkeit herab, und nach dem kurzen Intro fließt die Stimmung dann mit südamerikanisch anmutender Leichtigkeit dahin, dieser Titel hebt sich auch mit seiner Besonderheit aus der Gesamtheit ab.
Vom Sommer bis zum Winter liegt dann nur die Pause zwischen den Tracks fünf und sechs. "So Cold I Can See My Breath" klingt allerdings eher so, als hätte man sich angesichts der kalten Temperaturen schleunigst in die warme Stube begeben, und berichtet dort vom draußen herrschenden kalten Wetter.
Ja, und so kann man, sofern man bereit ist und sich darauf einlässt, jedem Track seine eigene Vorstellung einhauchen und durchaus auch auf eigene Interpretationen stoßen. Ich sehe die einzelnen Songtitel auch als individuelle Denkanstöße. Was jedoch enorm wichtig ist, dass diese Musik Zuneigung und Zeit benötigt, Zeit zur Muße. Einfach neben etwas daher laufen lassen, das geht zwar, sollte aber nicht sein, weil dann die Feinheiten verloren gehen.
Jörg Fleer hat mit Sicherheit auch viel Arbeit in die Ausarbeitung seiner Kompositionen gesteckt, hat daran getüftelt, wie jede einzelne Idee musikalisch umzusetzen sei, sowohl in den Arrangements als auch in den jeweiligen Solopassagen. Ganz besonders auch daran, es zu schaffen, dass jeder Song eine eigene Botschaft innehat und vermittelt, so dass zwar einerseits ein stimmiges Gesamtbild entsteht, jedoch noch immer genügend Spielraum für Einzelelemente verbleibt. Und das ist gelungen, denn wenn man sich gerade ein wenig eingekuschelt hat in eine Stimmung, dann wird diese unterbrochen durch eine andere, einer dieser Titel ist dann auch "Flowers In My Brain", das in meinem Hirn einen gar bunten Strauß wachsen lässt. Der Solopart glänzt durch seine individuelle Spielweise, die Gitarre klingt teils wie gedämpft und erzeugt einen angenehm wattigen Ausdruck. "Déja Vu" ist ein außerordentlich jazzmäßiges Stück, das mich wiederum eher an typische Jazzgitarristen erinnert, hier ein wenig an Leute wie Bucky Pizzarelli. Der perkussive Anschlag ist besonders warm im Ausdruck und diese Spielart liebe ich besonders. Nach einer guten Stunde heißt es Abschied zu nehmen und das Licht wird mit "Lights Out" ausgeknipst. Ein wenig wehmütig bleibt man zurück, nun, es gab ja auch Einiges zu erleben, dann kann man halt ein wenig nachdenklich werden und die Gedanken fliegen lassen.
Mit "I Know When I Hear It" ist Jörg Fleer ein überzeugendes Solowerk voller Emotionen und viel Wärme im Ausdruck gelungen."

(Wolfgang Giese/Rocktimes/08-2020)

 

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